Einen emotionalen Spaziergang durch die Welt der Bücher, versprach der Künstlerische Leiter Werner Bus den Zuschauern im vollbesetzten Saal. Den sollten sie erleben.

Im Mittelpunkt: der Bookshop von Fräulein Sonntag (Amélie Demay), laut Ankündigung „weit mehr als als nur ein Einkaufsladen. Hier kommt es möglicherweise zur alles entscheidenden Begegnung – mit literarischen Helden oder realen Menschen, die man ganz zufällig an der Kasse trifft“.

Man traf sie! Als Momo-Fan, schmachtend nach Romeo und Julia oder mit Gänsehaut vor dem Regal mit dem Bestseller „Das achte Leben“ von Nino Haratischwili. Ein laut Neue Züricher Zeitung geschichtentrunkenes und gefühlsstarkes Familienepos, das mit der Oktoberrevolution beginnt und mit dem Bürgerkrieg in Georgien noch lange nicht endet. So gesehen ein Akt über den Tod. Und die Liebe. Die junge belgische Akrobatin Helena Jans zelebriert dieses Drama an den Strapaten mit einem „Knochenmann“. Eindrucksvoll.

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Wie auch das eindrucksvolle Bühnenbild, in dem die dänische Jongleurin Bekka Rose ihre Kunst zeigen konnte, begleitet von grauen Herren, die ihre Zigarren, die aus Blättern der Zeitblume gemacht sind und damit die Zeit rauben. Vermutlich der Dramaturgie geschuldet, ließ Rose zufällig eine Keule fallen. Wenn es wegen der Aufregung war: auch ok. Denn bei dieser Präsentation war einfach alles erlaubt.

Wer war sonst Teil der Weltpremiere: Michele & Amélie mit ihrer Partnerakrobatik; Gwenadou Schroeckleloeck mit einer einzigartigen Hula Hoop-Akrobatik – perfekt ins Licht gesetzt; Alex & Vlad mit ihren Salti, Kaskaden, Pirouetten, Drehungen und Wendungen; das Duo Frénésie, in dessen Darbietung Eleganz und Kraft verschmelzen und begeistern; die Musik, gespielt vom TriOle, das laut Programmheft alles ist, „nur nicht angepasst. Ausgerüstet mit ihren Instrumenten begeistern sie das Publikum mit unvergleichlicher Musik“. Auf den Punkt.

Na klar: Neben Bücherfrau Amélie Demay zog Joel Baker als Clown den roten Faden durch das Programm. Beide forderten mit ihren akrobatischen und clownesken Zutaten immer wieder „die Hände“ des Publikums, ohne wie beim Rockkonzert vorher sagen zu müssen: „Wir wollen sie sehen!“

Nun, es gäbe viel zu berichten über diesen einzigartigen Abend der vielfältigen Bonner Kultur. Es entstünde ein langer Text der Superlative. In dem würden auch anerkennende Worte über die außergewöhnliche Location an sich, die Freundlichkeit der MitarbeiterInnen und das Spüren von Leidenschaft stehen. Dem konnte sich am Premierentag sogar die GOP.-Eigentümerfamilie Grote nicht entziehen.

Regie: Sabine Rieck
Lichtdesign: Daniel Hensche
Choreografie: Bénédicte Petit
Kompositionen: Sergej Sweschinski
Bühnenbild: Stella Dobewall & Sebastian Drozdz

Mit 90 Minuten Akrobatik, Tanz, Schauspiel, Musik vom Feinsten inmitten einer traumhaften Kulisse, fantastisch aus- und beleuchtet, läutete GOP. die neue Varieté-Saison ein. Bis zum 6. März 2022 ist Bookshop in Bonn zu erleben. Gehen Sie mal hin!